Anderen zu vergeben ist schwierig, auch wenn man genau weiß, dass das einem selbst am meisten schadet. Auch uns Christen fällt das untereinander oft schwer. Man kann die Frage des Petrus an Jesus sehr gut nachvollziehen: Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Genügt es siebenmal (Mt 18,21)? Siebenmal, das ist schon eine beachtliche Leistung. Das muss genügen. Irgendwann ist doch genug.
Jesus sprach zu ihm: Ich sage dir: nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.
Die Bibel. (BB)
Jesus meint damit nicht 490 Mal, sondern unendlich oft. Das Gleichnis, welches er an seine Antwort anschließt, verdeutlicht auch das Warum.
Der Knecht eines Königs hatte hohe Schulden. Hohe Schulden ist untertrieben, es waren 60 Millionen Tageslöhne. Unmöglich, das jemals zurückzuzahlen, auch wenn der Knecht das beteuerte. Das Unglaubliche geschieht: Der König erlässt dem Knecht die kompletten Schulden! Jetzt trifft dieser Knecht einen anderen Knecht des Königs, der ihm wiederum etwas schuldet. Es handelt sich vergleichsweise aber um eine Kleinigkeit: 100 Tagelöhne, das sind 0,00017% von den 60 Millionen. Auf dessen Versprechen, alles zurückzuzahlen, wird dieser ins Gefängnis geworfen. Der König bekommt das mit und stellt den ersten Knecht mit dieser Frage zur Rede: Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich gebeten hast; hättest du dich da nicht auch erbarmen sollen über deinen Mitknecht, wie ich mich über dich erbarmt habe (Mt 18,32-33)?
Die Botschaft ist klar: Wenn Gott mir eine unbezahlbare Schuld, die bei ihm die Todesstrafe verdient hätte (Röm 6,23), erlassen hat, warum bin ich dann nicht bereit, einem anderen Gläubigen eine (zumindest in Gottes Augen) vergleichsweise kleine Sache zu vergeben?
Vielleicht entgegne ich: Ich will dem anderen ja vergeben, aber ich kann nicht. Ohne eine platte Antwort zu liefern, ist das vielleicht der erste Schritt, dies zu ändern: Ich erkenne, dass ich das gar nicht kann. Wenn mir Gott eine so große Schuld vergeben und Jesus mir diese Vergebung durch sein Sterben überhaupt erst ermöglicht hat, dann ist er doch genau der richtige Anlaufpunkt und Ansprechpartner, um ihm jetzt meine Schwachheit zu bringen. Ich bete, ich sage ihm ganz ehrlich, warum es mir schwerfällt, einer betreffenden Person zu vergeben und bitte ihn, mir darin zu helfen.