Geistlicher Verfall hat automatisch den moralischen Verfall zur Konsequenz. Das haben wir deutlich beim Lesen von Richter gesehen. Ein letztes Beispiel. Eine Ehe gerät in Schieflage. Die Frau verlässt ihren Ehemann und zieht für vier Monate zurück zu ihrem Vater. Der Ehemann will die Ehe retten und zieht ihr hinterher, um mit ihr zu reden. Gemeinsam treten sie nun die Rückreise von Bethlehem Richtung Süden in das Bergland von Ephraim an. Es wird dunkel. Sie übernachten in Gibea, einer jüdischen Stadt (Ri 19,1-21).
Jetzt wird es dramatisch. Die jungen Männer von Gibea wollen sich über den Reisenden hermachen. Sein Gastgeber rückt anstelle des Reisenden seine Tochter heraus, welcher ihnen noch seine Frau dazu gibt. Beide werden die ganze Nacht über vergewaltigt, so schlimm, dass sich die Frau des Reisenden am nächsten Morgen halbtot vor das Gastgeberhaus schleppt, wo sie dann stirbt (19,22-28).
Ist die Tat der Männer von Gibea schon schlimm genug, dann kommt einem das Schaudern, wenn man über den Gastgeber und den Reisenden nachdenkt. Um den eigenen Hintern zu retten, gibt der eine seine Tochter und der andere seine Frau zur Vergewaltigung her. Und scheinbar können beide dabei noch ruhig schlafen. Sie bemerken nicht einmal, wie sich die halbtote Frau ans Haus schleppt!
Diesem schlimmen Beispiel über den moralischen Verfall wird dieser Vers vorangestellt:
Zu der Zeit war kein König in Israel. Und ein Levit wohnte als Fremdling weit hinten im Gebirge Ephraim und hatte sich eine Nebenfrau genommen aus Bethlehem in Juda.
Die Bibel. (LU84)
Es gab keinen König, keinen Anführer, der vorausging. Dieses Problem wird viermal am Ende des Buches erwähnt (17,6; 18,1). Der letzte Vers des Buches ist eine Zusammenfassung des Buches und der ganzen Epoche der Richter: Zu der Zeit war kein König in Israel; jeder tat, was ihn recht dünkte (21,25).
Es fehlte ein König, nicht ein König wie sie später forderten, einen König wie ihn die umliegenden Nationen hatten (1 Sam 8,15), sondern einen König, durch den Gott regieren kann (1 Sam 8,7). Es fehlte ihnen jemand, der sowohl geistlich wie moralisch vorausging, ein Vorbild wie Mose und Josua, die das Volk in der Abhängigkeit zu Gott leiteten und führten. Es fehlte ein gottesfürchtiger König, einer wie David.