Bei einer Predigt habe ich einmal als Anschauungsbeispiel einer kleinen Esche die Wurzeln mit einer Gartenschere abgeschnitten. Schnipp, schnapp, Wurzeln ab. Ich wollte veranschaulichen, wie wir uns als Christen oft die eigenen Wurzeln, die uns mit Gott verbinden, abschneiden (Gottes Wort, Gebet, Gemeinschaft). Manchen Zuhörern hat danach das tote Bäumchen leidgetan. Mir auch. 

Beim Lesen vom Buch Jona wurde ich daran erinnert.

Und der HERR sprach: Dich jammert die Staude, um die du dich nicht gemüht hast, hast sie auch nicht aufgezogen, die in einer Nacht ward und in einer Nacht verdarb,

Die Bibel. (LU84)

Kurz zum Hintergrund. Jona wurde im Auftrag Gottes nach Ninive, der Hauptstadt des großen Feindes Assyrien, geschickt, um ihnen Gericht anzukündigen. Jona ahnt schon, dass Gott letztlich nicht das Gericht, sondern die Umkehr der Menschen von Ninive will. Widerwillens geht Jona nach Ninive, nachdem er erfolglos von Gott und dessen Auftrag davonlaufen wollte. Und es passierte, was Jona geahnt hatte, die Leute von Ninive tun tatsächlich Buße. Die ganze Stadt wendet sich Gott zu! Ein Grund, Halleluja zu rufen.

Für Jona nicht. Er ist stinksauer auf Gott. Wie konnte er den Feind Israels nur erretten? Zornig geht Jona an den Stadtrand und wartet ab, was jetzt mit Ninive geschehen würde. Gott hat eine Lektion für ihn vorbereitet. Weil es so heiß ist, lässt Gott ihm in seiner Güte einen Schatten spendenden Strauch wachsen, der aber nach einem Tag wieder verdorrt. Die Hitze brennt jetzt erbarmungslos. Jona will nur noch sterben. Er ist so zornig auf Gott, auch darauf, dass er den Strauch verdorren ließ. Ihn jammert die Staude, aber die 120.000 Menschen von Ninive sind ihm egal! Gott jammert die vielen Menschen, nicht die Staude.

Ich habe im Gottesdienst absichtlich die Wurzeln abgeschnitten, ich hätte es auch nur sagen können. Manchen hat das für die Esche leidgetan, mir auch. Aber ich wollte deutlich machen, dass wir uns um einen Baum, die Natur und die Erde sorgen (Das ist auch gut so. Wir haben eine Verantwortung, sie zu bewahren). Aber mir scheint es egal zu sein, dass meine Beziehung zu Gott kaputtgeht. Ich kappe bewusst meine Wurzeln zu ihm. Das sollte mir wehtun, denn es kostet mich das Leben!