Die kleinen Propheten heißen nicht so, weil ihre Botschaft unwichtig (klein) wäre, sondern weil sie im Vergleich zu den großen Propheten viel geringer im Umfang des Geschriebenen sind. Sie passen chronologisch zur Zeit des geteilten Reiches, des Zerfall des Nordreiches Israel, der Gefangenschaft des Südreiches Juda und in die sogenannte nachexilische Zeit, also der Zeit nach der Rückkehr des jüdischen Volkes aus der Gefangenschaft. Wir reden also über die Zeit vom 9. bis 5. Jahrhundert v. Chr.
Hosea ist der erste der zwölf kleinen Propheten in unserer Bibel. Er wirkte hauptsächlich vor und kurz nach dem Untergang des Nordreiches und das Nordreich war auch der Hauptadressat seiner Aussagen. Er prangert im Namen Gottes den geistlichen und moralischen Zustand im Land an. Verfluchen, Lügen, Morden, Stehlen und Ehebrechen haben überhandgenommen (4,2). Es fehlt dagegen Treue, Liebe und die Erkenntnis Gottes (4,1).
Wer ist eigentlich für diesen geistlichen und moralischen Niedergang verantwortlich? Gott hat dazu eine eindeutige Meinung:
Doch soll man niemand schelten noch zurechtweisen, sondern allein dich, Priester, habe ich zu schelten.
Die Bibel. (LU84)
Es ist die geistliche Leitung, diejenigen, die eigentlich den anderen als gutes geistliches Vorbild dienen sollten, die zur Verantwortung gezogen werden. Die Priester waren diejenigen, die hauptsächlich dafür verantwortlich waren, dass das Volk in Gemeinschaft mit Gott lebte. Sie waren unter anderem für den Gottesdienst und für die Opfer im Tempel verantwortlich.
Auch die Priester des Nordreiches hätten eigentlich immer wieder betonen müssen, dass die Anbetung Gottes im Tempel von Jerusalem essenziell ist, auch wenn das politisch durch die Trennung zwischen Nord- und Südreich schwierig war. Aber die Priester wählten lieber den einfachen Weg. Sie stellten sich in den Dienst von Götzen, die an jeder Straßenecke verfügbar waren. Sie fielen von Gott ab, sagten den Menschen nichts mehr von Gott. Die Folge ist klar und ebenso furchtbar: Mein Volk ist dahin, weil es ohne Erkenntnis ist (4,6).
Wie schnell das gehen kann, haben wir in der ehemaligen DDR erlebt. Innerhalb von 40 Jahren Sozialismus haben die meisten Menschen jegliche Erkenntnis Gottes verloren.
Wir sind als Christen Priester Gottes und wir sind dazu berufen, Zeugnis von diesem Gott abzulegen (1 Petr 2,9). Verkündige ich ihn in meinem Alltag oder suche ich den einfachen Weg und schweige?