Wer hat jetzt recht? Beim Verkehrsunfall, bei der beschädigten Postlieferung oder bei einer simplen Unterhaltung. Wer ist im Recht?
Bildad, ein Freund Hiobs, steigerte sich auch in diese Frage hinein. Es ging ihm gar nicht mehr so sehr darum, dem leidenden Hiob zu helfen oder ihn zu trösten. Nein, es ging mit zunehmender Zeit immer mehr um die Frage, wer jetzt recht hat. Hiob behauptete, er sei unschuldig. Er habe nichts getan, was dieses heftige Leiden zur gerechten Folge haben müsste. Bildad wiederum war fest davon überzeugt, dass den furchtbaren Schicksalsschlägen des Hiob eine gravierende Sünde seinerseits zugrunde lag. Wer hatte jetzt recht? Bildad argumentiert so:
Wie könnte ein Mensch vor Gott im Recht sein? Wie sollte einer, der von einer Frau geboren ist, ohne Schuld und Makel sein?
Die Bibel. (BB)
Er ist überzeugt, dass jeder Mensch ein Sünder ist und dass Gott deshalb das Recht auf seiner Seite hat, den Menschen zu bestrafen. Beides stimmt. Wir Menschen sind von Mutterleibe an Sünder (Gen 8,21; Röm 3,23). Und Gott hat selbstverständlich das Recht, das zu tun, was er für richtig hält. Er ist Gott. Er darf das!
Aber Bildad war einem großen Missverständnis aufgesessen, das im jüdischen Verständnis tief verwurzelt war. Das reichte noch tief in die Zeit des Neuen Testaments hinein. Es begegnet uns als Jesus und seine Jünger an der Straße einen Blinden sahen, der schon sein ganzes Leben lang blind war. Die Frage der Jünger lautet jetzt: Wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren ist? (Joh 9,2). Für sie war klar, dass diese Krankheit eine Folge von Sünde war. Überraschend ist daher Jesu Antwort: Es hat weder dieser gesündigt noch seine Eltern (Joh 9,3). Jesus sagt klar und deutlich, dass eine schlimme Krankheit, eine Behinderung oder sonst ein Schicksalsschlag, nicht automatisch eine Folge von Sünde ist. Natürlich kann es, aber es muss nicht.
Wer hat nun recht? Gott hat immer recht. Das ist mal klar. Und Hiob hat recht. Er hat nichts gemacht, was dieses Leid verursacht hätte. Wir sollten vorsichtig sein, den anderen wegen eines Schicksalsschlages gleich als Sünder abzukanzeln. Beschränken wir uns auf unsere eigentliche Aufgabe, in so einem Fall. Den anderen in seinem Leid zu trösten.